Die kommunale Finanzierungsbeteiligung an den Lasten der Deutschen Einheit darf die bundesrechtlich vorgegebene Obergrenze von rund 40 v.H. des Landessolidarbeitrags nicht überschreiten
Dies hat der Verfassungsgerichtshof NRW durch heute verkündetes Urteil in dem Verfahren der Bundesstadt Bonn und weiterer 20 Gemeinden des Landes gegen das Gemeindefinanzierungsgesetz 2006 entschieden.
Die Beschwerdeführerinnen hatten u.a. geltend gemacht, die Höhe der Zuweisungen des Landes an die Gemeinden im Haushaltsjahr 2006 verletze die kommunale Selbstverwaltungsgarantie (Art. 78 Abs. 1, 79 Satz 2 der Landesverfassung NRW – LV), weil der kommunale Solidarbeitrag zu den finanziellen Lasten der Deutschen Einheit nicht angemessen ausgeglichen worden sei. Zudem werde die Finanzierungsbeteiligung an den einheitsbedingten Lasten überproportional den gewerbesteuerstarken Gemeinden auferlegt, während einkommensteuerstarke Kommunen geschont würden.
Dem ist der Verfassungsgerichtshof NRW insoweit gefolgt, als er klargestellt hat, dass der Landesgesetzgeber die Überzahlung des kommunalen Beitrags zu den Lasten der Deutschen Einheit im Haushaltsjahr 2006 unter Beachtung der bundesrechtlich vorgegebenen Obergrenze einer kommunalen Finanzierungsbeteiligung an den einigungsbedingten Lasten in Höhe von rund 40 v.H. des Landessolidarbeitrags auszugleichen hat. In der mündlichen Urteilsbegründung führte Präsident des Verfassungsgerichtshofs Dr. Bertrams hierzu u.a. aus:
Dem Landesgesetzgeber sei für die Ausgestaltung des kommunalen Finanzausgleichs ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt. Der aus Art. 78, 79 Satz 2 LV abzuleitende Anspruch der Kommunen auf eine angemessene Finanzausstattung sei allerdings u.a. dann verletzt, wenn der Landesgesetzgeber Maßgaben des Bundesrechts nicht beachte, die für die kommunale Finanzmittelausstattung bindend seien. Gemessen daran halte sich die Umstellung im vertikalen Finanzausgleichssystem von einer „Spitzabrechnung“ des kommunalen Solidarbeitrags zu einem Ausgleichssystem, das auf einem prognostisch ermittelten Ausgleichsbetrag beruhe, im Rahmen des Gestaltungsspielraums des Landesgesetzgebers. Für den Fall, dass der zunächst prognostizierte angemessene kommunale Solidarbeitrag der tatsächlichen Entwicklung nicht entspreche, sondern dieser – wie vorliegend in einer Größenordnung von ca. 450 Mio € – eine signifikant höher ausfallende Überzahlung erkennen lasse, sei der Landesgesetzgeber jedoch gehalten, unter Berücksichtigung der bundesrechtlichen Maßgaben in § 6 Abs. 3, Abs. 5 des Gesetzes zur Neuordnung der Gemeindefinanzen (GFRG) einen weitergehenden Ausgleich herbeizuführen. Der Ausgleichbetrag müsse der Obergrenze von „rund 40 v.H.“ angemessen Rechnung tragen.
Die Systemumstellung im Bereich des horizontalen Finanzausgleichs sei verfassungsgemäß. Es sei vom Gestaltungsspielraum des Landesgesetzgebers gedeckt, die gewerbesteuerstärkeren Gemeinden an den Kosten der Deutschen Einheit relativ stärker zu beteiligen als die gewerbesteuerschwächeren Gemeinden. Das Gemeindefinanzierungsgesetz 2006 sehe einen hinreichenden Belastungsausgleich vor, der mit der Funktion des Finanzausgleichs unvereinbare Ergebnisse verhindere.
VerfGH 10/06