Normenkontrollverfahren der Mitglieder der SPD-Landtagsfraktion gegen Vorschriften des Zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes 2005
Am 13. Februar 2007, 10.30 Uhr, verhandelt der Verfassungsgerichtshof NRW über den Normenkontrollantrag der Mitglieder der SPD-Landtagsfraktion gegen mehrere Vorschriften des Zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes 2005.
Im Vordergrund steht die Frage, ob die durch das Gesetz erteilte Kreditermächtigung mit Art. 83 Satz 2 der Landesverfassung NRW (LV) vereinbar ist. Hiernach dürfen die Einnahmen aus Krediten entsprechend den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts in der Regel nur bis zur Höhe der Investitionsausgaben in den Haushaltsplan eingestellt werden. Die im Zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 2005 veranschlagte Netto-Neuverschuldung übersteigt die dort ausgewiesene Summe der Investitionen um 1.425,1 Mio. €. In der Gesetzesbegründung wird die Auffassung vertreten, die Überschreitung der Kreditgrenze sei gerechtfertigt, da ihre Einhaltung objektiv unmöglich sei; ohne die erhöhte Kreditaufnahme könne das Land seinen zwingenden Ausgabeverpflichtungen nicht nachkommen. Die Antragsteller halten diese Sichtweise für unvereinbar mit Art. 83 Satz 2 LV. Der Haushaltsgesetzgeber nehme eine ungeschriebene Ausnahmeermächtigung in Anspruch, die der Ordnungs-, Stabilisierungs- und Begrenzungsfunktion des Finanzverfassungsrechts zuwiderlaufe. Abgesehen davon habe sich Nordrhein-Westfalen 2005 nicht in einer die Handlungsfähigkeit des Landes gefährdenden Haushaltsnotlage befunden. Im Übrigen sei die Kreditgrenzenüberschreitung noch höher als angegeben, da einige der investiv berücksichtigten Ausgaben in Wahrheit konsumtiven Charakter hätten.
Darüber hinaus beanstanden die Antragsteller zwei weitere Regelungen des Zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes 2005: Zum Einen meinen sie, die Veranschlagung von Kapitalzuführungen an den Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW und an die landeseigene Beteiligungsverwaltungsgesellschaft in einer Gesamthöhe von 943,6 Mio. € verstoße gegen das finanzverfassungsrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot. Zum Anderen machen sie geltend, der unverändert beibehaltene Steueransatz in Höhe von 34.340 Mio. € verletze den Grundsatz der Haushaltswahrheit, da er Steuermehreinnahmen in Höhe von rund 360 Mio. € unberücksichtigt lasse.
Landtag und Landesregierung sind dem Normenkontrollantrag entgegengetreten: Die Überschreitung der Kreditgrenze rechtfertige sich aus der Unmöglichkeit ihrer Einhaltung. Die aus der Landtagswahl 2005 hervorgegangene neue Landesregierung habe umfangreiche Haushaltsverschlechterungen vorgefunden, die wegen des weit fortgeschrittenen Haushaltsvollzugs nicht durch Einsparungen hätten kompensiert werden können. Sie sei im Wesentlichen auf die Übernahme und Fortschreibung der von der Vorgängerregierung gesetzten Rahmenbedingungen beschränkt gewesen. Die beanstandeten Kapitalzuführungen seien erforderlich gewesen, um die beiden Landesunternehmen in die Lage zu versetzen, sich am Kapitalmarkt zu entschulden. Von einer Erhöhung des Steueransatzes sei trotz der günstigen Einnahmeentwicklung in Hinblick auf verschiedene Risikofaktoren abgesehen worden; im Übrigen liege die Schätzabweichung im Vergleich zu früheren Haushaltsjahren im unteren Bereich.
Eine Entscheidung wird in dem Verhandlungstermin am 13. Februar 2007 noch nicht ergehen, sondern in einem erst noch anzuberaumenden Termin verkündet werden.
VerfGH 9/06