Zusammenlegung von Innen- und Justizministerium verletzt Rechte des Landtags
Die Zusammenlegung des bisherigen Innenministeriums und des bisherigen Justizministeriums zu einem neuen Ministerium für Inneres und Justiz durch Organisationserlaß des Ministerpräsidenten vom 9. Juni 1998 verletzt Rechte des Landtags. Dies hat der nordrhein-westfälische Verfassungsgerichtshof durch heute verkündetes Urteil festgestellt und damit einem entsprechenden Antrag der CDU-Landtagsfraktion gegen den Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen stattgegeben.
In der mündlichen Urteilsbegründung führte der Präsident des Verfassungsgerichtshofs Dr. Bertrams hierzu unter anderem aus:
Die Zusammenlegung habe nicht durch bloßen Organisationserlaß verfügt werden dürfen, sondern eines vom Landtag beschlossenen Gesetzes bedurft. Die nordrhein-westfälische Landesverfassung weise dem Ministerpräsidenten keine ausschließliche Kompetenz zur Errichtung von Ministerien zu. Dieser Teilbereich seiner Organisationsgewalt könne vielmehr einem Vorbehalt des Gesetzes unterliegen, solange nicht der Kernbereich der Organisationsgewalt berührt sei. Organisatorische Maßnahmen des Ministerpräsidenten, die den Bereich der Gerichtsverwaltung und damit den Bereich der rechtsprechenden Gewalt beträfen, gehörten nicht zu diesem Kernbereich.
Die Entscheidung, die Geschäftsbereiche eines herkömmlichen Innenministeriums und eines herkömmlichen Justizministeriums zu einem neuen Ministerium für Inneres und Justiz zusammenzuführen, sei "wesentlich" im Sinne des Vorbehalts des Gesetzes. Bei der Organisation der Gerichtsverwaltung gehe es um die grundlegende Frage, wie die Dritte Gewalt institutionell gesichert und gestärkt und ihre verfassungsrechtlich vorgezeichnete Eigenständigkeit hervorgehoben werden solle. Die Tragweite einer Zusammenlegung von Innen- und Justizministerium für die Stellung der Dritten Gewalt und das Vertrauen des Bürgers in deren Unabhängigkeit verlange - auch vor dem Hintergrund der historischen und verfassungsrechtlichen Entwicklung der Judikative -, daß das Für und Wider einer solchen Zusammenlegung vor den Augen der Öffentlichkeit diskutiert und vom Parlament verantwortet werde.
Ein eigenständiges Justizministerium sei Ausdruck einer gewachsenen Tradition, die ihren unmittelbaren Niederschlag auch im Grundgesetz gefunden habe. Mit dieser Tradition breche der Ministerpräsident. Die hierüber geführte öffentliche Diskussion unterstreiche die Bedeutung der getroffenen Entscheidung für die Allgemeinheit. Auch unter dem Gesichtspunkt der politischen Umstrittenheit erweise sich mithin die Zusammenlegung von Innen- und Justizministerium als eine Entscheidung, die unter dem Gesichtspunkt der "Wesentlichkeit" dem Gesetzgeber vorbehalten sei.
VerfGH 11/98